Abbildung: Prozessbeteiligte bei der Erstellung und dem Betrieb einer GA
Sequentiell organisierte Bauprozessketten charakterisieren sich wie folgt:
- Der Bauherr ist in der Regel nicht in der Lage, ausreichend zu beschreiben, was er konkret haben will und wofür er es später verwenden will.
- Der Architekt kennt die technischen Möglichkeiten und Systeme im Bereich der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) und der Gebäudeautomation (GA) nur fragmentarisch. Zusammenhänge zwischen modernen technischen Systemen erschließen sich ihm vielfach nur oberflächlich. In der Konsequenz ist er nicht im Stande, die Bauherren im notwendigen Maße über den Stand der Technik aufzuklären und lösungsgerecht zu beraten. Es ist dem Architekten in der Konzeptionsphase der Immobilie nur sehr bedingt möglich, die Bedürfnisse auf Bauherrenseite gemäß dem technologisch Machbaren und dem ökonomisch Zweckmäßigen zu wecken und auf dieser Grundlage praktikable GA-Lösungen zu skizzieren. Es werden schwerpunktmäßig baukonstruktive und gestalterische Fragestellungen behandelt und diesbezügliche Festlegungen getroffen. Die Fragestellungen hinsichtlich der TGA werden gerne zeitlich zurückgestellt.
- Die Beantwortung soll in größeren Projekten durch den gewerkespezifischen Fachplaner bzw. in kleineren Projekten gar durch die ausführenden Gewerke erfolgen. Fatal dabei ist, dass die unerlässliche Abstimmung zwischen den Baukonstruktionen und der TGA respektive der GA nicht rechtzeitig erfolgt. Es erfolgen baukonstruktive Festlegungen, die eine optimale Ausgestaltung der TGA inklusive der zugehörigen Funktionalitäten einschränken. Parallel dazu erfährt die Usability weitreichende Einschränkungen und der Nutzen in Sachen Komfort, Sicherheit und Effizienz der späteren Gesamtlösung sinkt.
- Werden keine Fachplaner eingesetzt, treten die ausführenden Gewerke mit nochmaliger zeitlicher Verzögerung an die Stelle der Fachplaner. Vorgaben bezüglich der Ausführung werden dabei oft erst nach Auftragsvergabe an die ausführenden Gewerke individuell mit den Auftragnehmern mehr oder weniger detailliert erarbeitet und vielfach kaum schriftlich fixiert. Die Abstimmung zwischen den ausführenden Gewerken erfolgt im Verlauf der Realisierungsphase – meist aufgrund von entstehenden Unzulänglichkeiten auf der Baustelle. Was Bauherr, Betreiber und Nutzer implizieren und wofür diese die Gesamtlösung am Ende verwenden wollen, ist den ausführenden Gewerken in solchen Situationen vielfach nicht bekannt oder mindestens unklar. Oft verfügen die eingesetzten Facharbeiter, aber auch die Projektleiter der ausführenden Gewerke nicht über das erforderliche Know-how, um die Gesamtlösung und die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Gewerken hinreichend verstehen und einschätzen zu können. Der auf den ausführenden Gewerken lastende Zeit- und Kostendruck, Baustellen pünktlich und mit einem positiven Ergebnis fertigstellen zu müssen, verschlimmert die Situation zusätzlich und schmälert das Zeitfenster und die Bereitschaft für zeiterfordernde gewerkeübergreifende Abstimmungen.
- Zum Zeitpunkt der „Fertigstellung“ wird das Gebäude inklusive seiner technischen Systeme an den im Vorfeld vielfach nicht einbezogenen Betreiber übergeben. In der sequentiell organisierten Bauprozesskette stelle der Zeitpunkt der Gebäudeübergabe eine besonders fragile Stelle dar. Der Betreiber arbeitet sich notgedrungen sukzessive in eine suboptimale, aufoktroyierte Lösung ein. Er versucht die technischen Anlagen und das Gebäude ohne abgestimmtes Betreiberkonzept in Verbindung mit den spärlich fixierten Interessen von Bauherren und Nutzern bestmöglich zu bewirtschaften.
- Zum Teil werden während des Bauprozesses und darüber hinaus Projektsteuerer und Gutachter eingeschaltet. Diese sind während und / oder nach dem Erstellungsprozess des Gebäudes mit der Ermittlung von Mängeln, Schäden und Verursachern dergleichen betraut. Aufgrund der nicht rechtzeitig erfolgten Abstimmung zwischen den Baukonstruktionen, der TGA respektive der GA und den Nutzungsanforderungen können zu diesem Zeitpunkt vielfach nur noch Kompromisslösungen realisiert werden. Diese Kompromisslösungen sind für alle Beteiligten unbefriedigend, da sie für ausführende Gewerke (und gegebenenfalls den Bauherren) mit Mehrkosten und für Bauherren, Betreiber und Nutzer mit Effizienz-, Komfort- und Funktionseinbußen verbunden sind.
Im Ergebnis führen die fehlende prozesskettenübergreifende Abstimmung der Baubeteiligten und der Prozesskettenbruch zwischen Bau- und Betriebsphase von Gebäuden zu folgenden Resultaten:
- Anstieg der Investitionskosten
- Verminderung von Komfort
- Verminderung der Verfügbarkeit
- Erhöhung von Sicherheitsrisiken
- Anstieg der Betriebskosten
- Schmälerung von Projekt- und Betriebsergebnissen
- Einschränkung der Funktionalität
- Unzufriedenheit bei allen Prozessbeteiligten